Unser Gymnasium
06.06.2019
Kommunikationsüberwachung heute und in der DDR
Trotz der hohen Temperaturen und verkürzter Stunden bekam die Klasse 10.3 am 6. Juni Besuch vom Moritzplatz. Thema war die „Kommunikationsüberwachung“ in der DDR.
In der DDR hörte man nicht nur jedes Telefonat ab, sondern es wurde auch die Post kontrolliert. Zum Mitschneiden von Telefonaten brauchte man laut der Verfassung eine Genehmigung – genau zwei dieser Genehmigungen gab es im Raum Magdeburg in den gesamten 80er Jahren. Hunderttausende von Gesprächen wurde jedoch in der gesamten DDR abgehört.
Beim Öffnen der Post gab man sich große Mühe, unbemerkt zu bleiben. Mit Chemikalien wurden Klebestreifen gelöst, die Briefe geöffnet und anschließend wieder genauso verschlossen. Wollte man ein Paket oder einen Brief noch über den Adressaten hinaus verfolgen, wurde er radioaktiv markiert, um das Aufspüren für die Stasi einfacher zu machen. Neben einer Liste von verdächtigen Adressen achteten die Prüfer auf auffällige und bunte Pakete und Briefe.
Darüber hinaus waren Raum- und Videoüberwachungen keine Seltenheit. Telefone wurden von vorn herein so gebaut, dass es möglich war, auch bei aufgelegtem Hörer mitzuhören, was im Raum passierte. Wanzen waren dadurch selten nötig. Richtmikrofone erfüllten für die Stasi ebenfalls ihren Zweck. Aus sicherer Entfernung belauschten sie nach Belieben Gespräche.
Eine weitere sehr ausgeprägte Methode zur Informationsbeschaffung war das Fotografieren und operative Beobachten. Auch dabei wurden radioaktive Markierungen genutzt. Sollte eine Person für länger Zeit verfolgt bzw. „markiert“ werden, wurde sie aus versehen angerempelt und unbemerkt mit dem radioaktiven Stoff versehen.
Neben diesen Methoden gab es natürlich auch die Passkontrolle, das Spurensichern und Nehmen von Geruchsproben und konspirative Wohnungs- und Arbeitsplatzdurchsuchungen.
Jeder – egal ob einer religösen Gruppe angehörig, Familie oder Freunde im Westen oder in einer Opposition – wurde überwacht. Sogar Stasi Mitarbeiter bespitzelten einander, was wohl einer der Gründe ist, weshalb sie selbst ihre Arbeit als „nicht so schlimm“ empfanden. Viele Bürger versuchten gerade Postkontrollen durch bspw. Klebeband zu überlisten und aufzuspüren, was allerdings aufgrund der dort verwendeten Chemikalien unbemerkt scheiterte. Auch überlegte man oft, was man in einem Telefonat wirklich besprechen musste und was man lieber von Angesicht zu Angesicht klärte. Wenn man sich in der Öffentlichkeit – zum Beispiel in einem Restaurant – befand, redete man oft nur über belanglose Dinge, denn man wusste nie, ob man gerade belauscht wurde oder nicht.
Alle, der von der Staatssicherheit verwendeten Methoden zur Informationsbeschaffung, waren laut Verfassung und Gesetzen in der DDR vielseitig verboten und mit hohen Strafen belastet. Trotzdem wurde dies ignoriert und nur in den allerwenigsten Fällen wurden Genehmigungen eingeholt.
Nachdem in der ersten Stunde die Kommunikationsüberwachung in der DDR diskutiert worden war, besprachen wir anschließend, in welcher Form und vor allem mit welchem Zweck Kommunikationsüberwachung heute noch stattfindet und welche Informationen wir freiwillig von uns preisgeben.
Nach wenigen Minuten war klar: Das von uns allen wohl am meist genutzte Medium ist das Internet. Danach folgen TV und Zeitungen / Zeitschriften / Bücher mit deutlich weniger verbrachter Zeit. Doch gerade über das Internet ist ein großer Teil der heutigen Kommunikationsüberwachung möglich. Am wohl offensichtlichsten ist das Verfolgen und Speichern der besuchten Webseiten, wodurch gezielte Werbung möglich ist. Kommunikationsüberwachung zu Wirtschaftszwecken. Doch auch zu politischen Zwecken werden durch Überwachung Informationen beschafft.
Auch wenn die zwei Stunden aufgrund der Verkürzung nicht die Zeit für ausführliche Diskussionen des zweiten Teils zuließen, gaben sie nicht nur viele Informationen über die vergangene Zeit in der DDR mit auf den Weg, sondern regten durchaus zum Nachdenken an. Wie wichtig sind mir manche Daten? Will ich, dass jeder mein Leben mit verfolgen kann? Sollte ich auf bestimmte Seiten im Netz verzichten oder manche Apps lieber doch nicht installieren? Möchte ich dem Internet wirklich die Möglichkeit geben mir eine einseitige Welt durch Selektion meiner Empfehlungen zu präsentieren?
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